Venedig ist im Winter mit jenem melancholischen Charme bemäntelt, der über die Jahrhunderte so viele Literaten; Künstler und Heimatschützer angezogen hat. Diese Reise galt jedoch Venedigs Schattenseite: der Inquisition. Die Lagunenstadt hatte zu Beginn des 16. Jahrhunderts stolz der römischen Kurie die Stirn geboten, beugte schließlich aber ihr Knie und betätigte sich so effizient wie keine andere Stadt Italiens in der Verfolgung der „Ketzer“. Besucht wurde zunächst die „Fresca Soglia“ im Palazzo Ducale, wo Pietro Speziale aus Cittadella von 1543-1551 acht Jahre lang eingesperrt wurde. Der reformatorisch gesinnte Gelehrte ist auch auf Schloss Maretsch abgebildet. Diese Entdeckung war der eigentliche Anlass dieser Reise. Ausgehend von dieser Verbindung begaben wir uns auf die Spuren der deutschen Händler in Venedig. Der distinguierte Fondaco dei Tedeschi zeugt heute noch von der vergangenen Grandezza dieser bedeutenden Handelseinrichtung. Weiter ging es zur Kirche der Evangelischen Gemeinde. Diese ist die älteste lutherische Gemeinde Italiens. Der Pastor hat für den besonderen Anlass das berühmte Portrait von Lucas Cranach aus dem Tresor geholt und vorgeführt. Am Abend wurde die Premiere der Oper Tannhäuser von Richard Wagner in der Fenice besucht. Tags darauf begaben wir uns in die nahegelegene Stadt Cittadella, wo Pietro Speziale 1478 geboren wurde. Durch ihre einzigartigen Mauern umgürtet, deren Fundamente auf vorrömische Zeit zurückgehen, ist die Stadt heute ein intaktes Beispiel mittelalterlicher Stadtplanung.